Inklusiver Unterricht für Kinder mit Hörbehinderung
Die Christoffel-Blindenmission (CBM) ist eine international tätige christliche Hilfsorganisation. Sie setzt sich in erster Linie für Menschen mit Behinderung bzw. Menschen, die von Behinderung bedroht sind, ein und verfolgt das Ziel, die Lebensqualität der ärmsten Menschen dieser Welt zu verbessern. Daher wurde im Jahr 2021 von CBM ein neues Projekt in Äthiopien, einem Land, in dem Armut sehr verbreitet ist, ins Leben gerufen mit dem Ziel,Zugang zu inklusivem Unterricht an Regelschulen für Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung zu schaffen.
In ärmeren Regionen der Welt ist die Wahrscheinlichkeit, dass es schon während der Schwangerschaft zu einer Behinderung eines Kindes kommt, verhältnismäßig hoch. Mangelnde präventive Gesundheitsmaßnahmen, Naturkatastrophen, Bürgerkriege, Dürren, Unterernährung sowie der fehlende Zugang zu Gesundheitsversorgung für die Mutter sind nur einige der Umstände, die zu Beeinträchtigungen der geistig-intellektuellen sowie der körperlichen Entwicklung des Kindes sowie im Bereich Sehen und Hören führen können.
Die Datenlage zu Menschen mit Behinderung in Äthiopien ist aufgrund fehlender Ressourcen lückenhaft. Eine Erkenntnis ist jedoch, dass die Hälfte aller Menschen mit Behinderung jünger als 30 Jahre alt sein soll. Der Anteil derer, die von inklusivem Schulunterricht profitieren könnten, kann dementsprechend als recht groß angenommen werden. Leider bestehen allerdings viele Vorurteile und großes Unwissen bei vielen Verantwortlichen, sodass betroffene Kinder und Jugendliche häufig gänzlich vom Schulbesuch ausgeschlossen werden. Dies erhöht für sie die Gefahr, dauerhaft in Armut zu leben, immens.
In dem hier beschriebenen Projekt von CBM stand die Verbesserung der Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Hörbehinderung in Äthiopien im Fokus: Inklusiver Unterricht an Regelschulen sollte eingerichtet bzw. verbessert werden, sodass Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung nicht von der Schulbildung ausgeschlossen, sondern entsprechend eingebunden und gefördert werden. Im Mittelpunkt des Projektes stand die Tages- und Internatsschule Hossana School of the Deaf. Sie untersteht der Leitung des Entwicklungs- und Sozialdienstes der Ethiopian Evangelical Church, der in diesem Projekt mit CBM zusammengearbeitet hat. An der Hossana School of the Deaf wird bereits seit einigen Jahren Schüler:innen mit Hörbehinderung im Alter von sieben bis achtzehn Jahren der Zugang zu Unterricht ermöglicht. Zusätzlich findet für die Jugendlichen des zur Schule gehörenden Colleges Berufsvorbereitung statt. Im Jahr 2021 wurde die Hossana School of the Deaf zum Exzellenzzentrum ernannt und nimmt nun die Rolle eines landesweiten Ausbildungszentrums für Lehrkräfte aus verschiedenen Landesregionen ein, die hier zum Unterrichten von Kindern mit Hörbehinderung an Regelschulen befähigt werden. Zu diesem Zweck wurden die Lehrkräfte der Hossana School of the Deaf zu Ausbilder:innen und haben Lehrmaterial für inklusiven Unterricht für Kinder und Jugendliche mit Hörbehinderung an Regelschulen entwickelt. So konnten (und können in Zukunft) Lehrer:innen von anderen Schulen aus anderen Regionen des Landes sowohl materiell als auch personell auf die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen mit Hörbehinderung vorbereitet werden, sodass auch hier inklusiver Unterricht stattfinden kann. Bisher konnten so Lehrkräfte aus Oromia, Amhara und Region der Südlichen Nationen (SNNPR) (s. Kartenausschnitt) erreicht werden.
Um auch in der Hossana School of the Deaf inklusiven Unterricht zu gewährleisten, wurden hier rund 40 hörende jugendliche Schüler:innen neu aufgenommen. Außerdem wurde die Schule mit weiteren Lehrmitteln wie Büchern und Computern ausgestattet, die Barrierefreiheit auf dem Gelände verbessert und das Schulteam personell aufgestockt, um den neuen Anforderungen gerecht werden zu können. Zudem fanden Fortbildungen für die Lehrkräfte statt sowie Schulung zu Gebärdensprache und bedarfsorientierter Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Hörbehinderungen für die Eltern und Lehrer:innen.
Ein Kostenpunkt im Rahmen dieses umfassenden Projektes war die Finanzierung des Grundbedarfs der 220 Schüler:innen. Hierzu zählen Unterkunft, Verpflegung, Hygiene- und Wundschutzartikel, Schulkleidung sowie Lernmaterial. Im Rahmen der Corona-Pandemie kamen zusätzlich Kosten für Impfungen und Schutzmaßnahmen hinzu. Um diese Bedarfe für die Dauer eines Jahres sicherzustellen, wurden Mittel in Höhe vonrund 21.000,- Euro benötigt. Hier setzt die Unterstützung der ProFiliis-Stiftung an, die 15.000,- Euro zur Verfügung gestellt und so 70 % der Kosten zur Deckung des Grundbedarfs übernommen hat.
Trotz der aktuell erschwerten Situation bedingt durch die Corona-Pandemie sowie die Auswirkungen des Bürgerkrieges in der Tigray-Region konnten die Schüler:innen kontinuierlich unterrichtet und gut versorgt und betreut werden. Ihnen wurde unter anderem die Gebärdensprache nähergebracht sowie in Berufsvorbereitungskursen praktische Fertigkeiten wie Nähen und Holzverarbeitung. Durch die Schulung von Lehrkräften aus anderen Regionen Äthiopiens konnten auch außerhalb von Hossana die Bildungschancen und somit auch die Zukunftsaussichten der Kinder und Jugendlichen mit Hörbehinderung verbessert werden.
sh